Stadt Schaffhausen



Willkommen beim Stadtarchiv Schaffhausen


Die erste Erwähnung der Stadt Schaffhausen im Jahr 1045:
König Heinrich III. verleiht  Graf Eberhard von Nellenburg das Münzrecht in Schaffhausen.


Der lateinische Text
Der Text in deutscher Übersetzung
Die historische Bedeutung der Urkunde
Die Urkunde in ihrer äusseren Form
 


Seitenanfang

 

Der lateinische Text


(Chr) In nomine sancte et individuæ trinitatis Heinricus divina favente clementia rex. 
Omnium Dei nostrique fidelium, tam futurorum quam presentium, sollers industria noverit, qualiter nos ob amorem ac peticionem Agnetis reginæ, nostræ contectalis dilectæ, necnon ob fidele et devotum eius famulamen nostro fideli, Eberhardo 1) comiti, regia nostra benivolentia et auctoritate jus et potestatem, propriam monetam in villa Scafhusun dicta et in comitatu Ödalrici comitis atque in pago Chletgouvi 2) dicto sita habendi, concessimus, ea videlicet ratione, ut predictus Eberhardus liberam dehinc potestatem habeat, eodem modo prefata moneta uti, quo et cæteri a regibus vel imperatoribus similiter prediti hucusque soliti sunt frui. Et ut hæc regiæ nostræ tradicionis liberalis auctoritas stabilis et inconvulsa per succedentium momenta temporum maneat, hanc cartam inde conscriptam manu propria, ut infra poterit videri, corroborantes sigilli nostri impressione jussimus signiri.

Signum domini Heinrici tertii (M) regis invictissimi. 
R+ 
Theodericus cancellarius vice Bardonis archicancellarii recognovit (R).
(S)

Actum VI. idus julii, anno dominicæ incarnationis MXLV., indictione XIII., anno autem domini Heinrici tercii ordinationis eius XVII., regni eius VII. Actum Coloniae in Dei nomine feliciter. Amen.

Äussere Aufschrift: „Privilegium Heinrici tercii imperatoris ad Eberhardum comitem, Epponis comitis filium, concedens sibi percussuram proprie monete in loco Scafhusensi."

Leicht schadhaftes aber gut lesbares Original, von einer Hand einschliesslich des Monogramms geschrieben. Vom Siegel ist etwa ein Drittel, von dessen Umschrift .... DI GRAT .. . erhalten; es ist das bei Heffner Taf. II Nr. 22 abgebildete.
________________________
1) Zürichgaugraf, vorgreifend gewöhnlich Graf von Nellenburg genannt, Stifter von Allerheiligen
2) Die Grenze des Hegaues und des Klettgaues, welche genau diejenige der aus ihnen hervorgegangenen Landgrafschaften Nellenburg und Klettgau ist, durchschnitt die Stadt Schaffhausen, so dass die Urkunden diese Stadt mit Recht bald dem Hegau, bald dem Klettgau zuweisen konnten.


Seitenanfang

 

Der Text in deutscher Übersetzung:



Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit Heinrich von Gottes Gnaden König. Der geschickte Eifer aller Getreuen Gottes und unserer Person, sowohl der künftigen als auch der gegenwärtigen, möge wissen, dass wir aus Liebe zu der Königin Agnes, unserer geliebten Gemahlin, und auf ihre Bitte hin, ebenso wegen ihrer treuen und ergebenen Dienste unserem Getreuen, dem Grafen Eberhard, kraft unseres königlichen Wohlwollens und unserer Vollmacht das Recht und die Gewalt, eigene Münze in dem Ort, der Schaffhausen genannt wird und in der Grafschaft des Grafen Ulrich im Klettgau gelegen ist, zu führen gestattet haben, dergestalt nämlich, dass vorgenannter Eberhard von jetzt an freie Gewalt hat, auf dieselbe Weise von der erwähnten Münze Gebrauch zu machen, wie sie auch die übrigen von Königen oder Kaisern ähnlich Ausgestatteten bis dahin zu geniessen pflegten. Und damit diese gnädige Vollmacht unserer königlichen Verleihung fest und unerschüttert durch die folgenden Zeiten bleibe, haben wir befohlen, dass diese hierfür eigenhändig verfasste Urkunde, wie unten gesehen werden kann, zur Bekräftigung mit einem Aufdruck unseres Siegels besiegelt werde. Monogramm des Herrn Heinrich III., des unbesiegbaren Königs. Theoderich, Kanzler, in Vertretung des Erzkanzlers Bardo, hat (diese Urkunde) beglaubigt. Geschehen am 6. Tag der Iden des Juli, im Jahre 1045 der Fleischwerdung des Herrn, in der 13. Indiktion, im 17. Jahre aber der Krönung des Herrn Heinrich III., im 7. Jahre seiner Herrschaft. Geschehen zu Köln im Namen Gottes. Glück und Heil! Amen.

 


Seitenanfang

 

Die historische Bedeutung der Urkunde



Am 10. Juli 1045 verlieh König Heinrich III. (1017-1056), der nachmalige Kaiser, dem in unserer Gegend reich begüterten Grafen Eberhard von Nellenburg "wegen seiner treuen und ergebenen Dienste" die Befugnis und das Recht, in dem Ort, "der Schaffhausen genannt wird", eine eigene Münzstätte zu führen und davon nach freiem Willen Gebrauch zu machen.
Die lateinisch abgefasste Pergamenturkunde, die dieses wichtige Privileg festhält, hat sich dank einer glücklichen Fügung durch alle die Jahrhunderte hindurch in erstaunlich gutem Zustand erhalten und wird heute im Stadtarchiv Schaffhausen mit der gebührenden Sorgfalt und Pietät aufbewahrt (Signatur: A I 1425). Sie darf gleichsam als der "Geburtsschein" unserer Stadt bezeichnet werden.
Weshalb spielt nun aber gerade diese Urkunde für die Stadt Schaffhausen eine derart wichtige Rolle? Worin liegt denn eigentlich die besondere Bedeutung der Münzrechtsverleihung von 1045?
Es steht wohl ausser jedem Zweifel, dass ein so gewichtiges königliches Hoheitsrecht wie das Münzrecht nur einem Orte zugesprochen worden sein kann, der bereits über eine gewisse wirtschaftliche und rechtliche Stellung verfügte. Daraus darf man sicher ohne allzu grosse Bedenken weiter schliessen, dass Schaffhausen zu jenem Zeitpunkt das (noch bedeutsamere) Marktrecht schon besass und auch bereits von einem ersten Wall oder Mauerring umgeben war. Das bedeutet: Es muss an dieser von der Verkehrslage her begünstigten Stelle höchstwahrscheinlich schon vor dem 10. Juli 1045 eine grössere Ansiedlung bestanden haben. Aber erst durch das von Heinrich III. empfangene Privileg der eigenen Münzprägung wurde Schaffhausen nun endgültig in den Rang einer Stadt erhoben. Bekanntlich wird ja die mittelalterliche Stadt durch das dreifache M gekennzeichnet: Mauer, Münze und Markt.
Die königliche Urkunde von 1045 beansprucht aber noch aus einem anderen Grunde unser besonderes Interesse: Sie enthält nämlich die früheste uns bekannte Erwähnung des Namens Schaffhausen. Die Frage allerdings, ob sich die Namensform "scafhusun" nun eigentlich von "Schaf", von "Schiff" oder gar von einem dritten Begriff ableitet, ist nach wie vor ungeklärt. Dies hängt nicht zuletzt mit der doch verhältnismässig späten erstmaligen Nennung Schaffhausens zusammen, derzufolge auch die Anfänge der Siedlung noch weitgehend im Dunkeln liegen.
Zweifellos darf man aber davon ausgehen, dass Schaffhausen schon lange vor dem 10. Juli 1045 als Umlade- und Stapelplatz an der seit alters vielbefahrenen Wasserstrasse des Rheins entstanden ist. Infolge der vorhandenen Stromschnellen erfuhr nämlich die Schifffahrt genau an dieser Stelle einen Unterbruch und machte den Weitertransport der Güter auf dem Landweg erforderlich. Im Laufe der Zeit muss sich der Ort dann sukzessive zu einem recht bedeutenden Handelsplatz entwickelt haben. Dabei spielte natürlich auch die Münzrechtsverleihung eine äusserst wichtige Rolle, verhalf sie doch dem damaligen Schaffhauser Wirtschaftsgebiet zu noch grösserer Selbständigkeit und Geltung.


Seitenanfang

 

Die Urkunde in ihrer äusseren Form



Die Verleihung des Münzrechts für Schaffhausen aus dem Jahre 1045 ist in einer 40 cm breiten und 45 cm hohen Pergamenturkunde festgehalten, die aus Kalbshaut hergestellt worden ist. Unter Heinrich III. nahm der neue Brauch, das Pergament nach der schmaleren Seite zu beschreiben, immer mehr zu. Die Erklärung dafür liegt einerseits in der zu jener Zeit verwendeten spätkarolingischen Kanzleischrift mit ihren ausgeprägten Oberlängen, anderseits in der viel Platz benötigenden Anordnung des Schlussteils der Urkunde, des sogenannten Eschatokolls.
Die sauber geschriebene und noch immer erstaunlich gut lesbare Urkunde ist das Werk eines uns nicht namentlich bekannten Notars, der mit einem Gänsekiel die sehr haltbare Eisengallus-Tinte auf die präparierte Tierhaut auftrug. Dem heutigen Betrachter des Dokumentes fallen dabei sogleich verschiedene Besonderheiten auf: Die erste Zeile und die zwei Zeilen am Schluss, in denen der König und sein Kanzler genannt werden, sind nach alter Gewohnheit durch eine verlängerte, enganschliessende Schrift hervorgehoben. 
 
   
   
Eingeleitet wird die Urkunde durch ein verziertes C, das sogenannte Chrismon, das die symbolische Anrufung Christi bedeutet. 
 
Unübersehbar ist aber vor allem das Monogramm des Königs, das in seiner Grundform ein grosses H bildet, bestehend aus einem waagrechten Strich und drei gleichen vertikalen Linien, die durch zwei diagonale Linien verbunden sind. Diese Hauptlinien bilden zugleich die Buchstaben E, I, N, C, V, A und X. In die linke Vertikale ist oben D und unten G eingezeichnet, in die mittlere Vertikale T und R und in die rechte Vertikale O und S. Diese Buchstaben ergeben zusammen den Namen und Titel des Urkundenausstellers: HEINRICUS DEI GRACIA TERTIVS ROMANORVM REX (Heinrich III. von Gottes Gnaden römischer König). Zweifellos der wichtigste Teil des Monogramms ist jedoch der waagrechte Balken, der vom König selber (mit offensichtlich etwas weniger geübter Hand) gezogen wurde und in der Fachsprache als Vollziehungsstrich bezeichnet wird, weil er den persönlichen Anteil des Herrschers zur Beglaubigung der Urkunde darstellt.
 
 
Auf der gleichen Zeile, der sogenannten Signumzeile, erscheint rechts aussen als notwendige Ergänzung des Monogramms das von je drei Kreuzen eingerahmte Beizeichen. Es wird aus den drei Buchstaben M, P und R gebildet und ist wohl als Manu propria (=mit eigener Hand) aufzulösen. Die drei beigefügten Schlusskreuze stammen übrigens höchstwahrscheinlich ebenfalls vom König selber. 
 
In der nächsten Zeile folgt die Beglaubigung durch den Kanzler Theoderich, Domherr und nachmaliger Bischof von Konstanz. Sein Erkennungszeichen (Rekognitionszeichen) zeigt als neuartigen Typus den mit Strichelchen ausgefüllten Umriss einer Kirchenfassade mit einem von einem Kreuz überhöhten Giebel.
 
Rechts vom Kanzlerzeichen befindet sich das (leider nur noch teilweise erhaltene) aus Wachs gebildete und auf das Pergament aufgedrückte, kreisrunde Thronsiegel des Königs, das einen Durchmesser von ca. 75 mm aufweist und von 1039 bis Anfang 1046 in Gebrauch war.
  
In der untersten Zeile schliesslich erfolgt die Datierung der in Köln ausgestellten Urkunde, und zwar gleich auf mehrfache Art: Die Zählung geschieht nämlich nicht nur nach den Jahren seit Christi Geburt, sondern auch nach der römischen Indiktion (Zahl, welche ein Jahr in einem 15-jährigen Zyklus einnimmt), nach den Jahren seit der Krönung Heinrichs III. und seit seinem Regierungsantritt.


Seitenanfang